Cognitive Computing als smarte Technologie für effizientere Prozesse

FROX AG
07.06.2017

Der Begriff Cognitive Computing ist in aller Munde. IBMs gut vermarktetes „Watson“ hat den Ball ins Rollen gebracht und so wollen viele Unternehmen heute Cognitive Computing einsetzen (oder tun es bereits). Doch was ist Cognitive Computing und welche Möglichkeiten eröffnen sich durch dessen Anwendung? Dieser Artikel beschreibt, wie sich Cognitive Computing auszeichnet und auf welche Weise es die Prozessautomatisierung in Unternehmen nachhaltig verändern und verbessern kann.

IT-gestützte Geschäftsprozesse von heute

In Unternehmen laufen viele Prozesse ab, die durch IT-Systeme unterstützt werden. Für jede Aufgabenstellung (z. B. Bestellung bearbeiten) werden verschiedene Prozesse (z. B. Eingang, Verarbeitung, Ausgang) eingesetzt, die sich wiederum in ihrer Komplexität unterscheiden. Die Herausforderung liegt trotz steigender Komplexität darin, effiziente und kostengünstige Prozesse und Produkte in herausragender Qualität zu entwickeln, ohne dabei weitere Kosten entstehen zu lassen. Die eierlegende Wollmilchsau der Prozessoptimierung also.

Die Prozessautomatisierung beschränkt sich nicht auf ein bestimmtes Gebiet oder auf gewisse Aufgabenbereiche. Nahezu alle IT-Prozesse (oder zumindest Teile davon) können automatisiert werden. Prozessautomatisierung wird beispielsweise im Benutzer-Management vieler Unternehmen eingesetzt. Wenn ein Mitarbeiter in einem Unternehmen seinen Beschäftigungsgrad verändert, wird seine Mutation vom IT-System erfasst. Da die Personalakte einen wesentlichen Bestandteil in verschiedenen Bereichen (z. B. Finanzen, Personal) ausmacht, führt das System dort automatisch mithilfe standardisierter Prozesse die Aktualisierung durch. Damit soll garantiert werden, dass alle Bereiche jeweils über den neuesten Stand an Informationen verfügen und die Prozesse bereichsübergreifend transparent verlaufen.

Das klingt simpel, ist es aber nicht, denn nicht alle Prozesse erfolgen so geradlinig, wie oben beschrieben. Die Prozessautomatisierung wird zwar laufend verbessert, doch gibt es auch hier Spielverderber, wie etwa die natürliche Sprache.

Natürliche Sprache und Emotionen als Grenzen der Prozessautomatisierung

Traditionelle Computersysteme können kaum natürlichsprachige Inputs verarbeiten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die natürliche Sprache, welche von allen Menschen (und folglich auch in Unternehmensdokumenten) verwendet wird, sich immer durch eine gewisse Vagheit, Ungewissheit und Ungenauigkeit auszeichnet. Ein Beispiel dafür ist die flüchtige und unscharfe Beschreibung der Berufserfahrung: „erfahren“ vs. „unerfahren“. Ab welchem Zeitpunkt gilt ein Mitarbeiter als erfahren? Sind umfangreiche Informationen über diesen Mitarbeiter vorhanden (bspw. CV, Arbeitszeugnisse), so kann daraus geschlossen werden, wie „erfahren“ er ist. Das Urteil bleibt in diesem Fall aber subjektiv, beeinflusst durch die Augen des Betrachters.

Die heutigen Computersysteme sind noch nicht in der Lage, mit unscharfen und linguistischen Variablen zu rechnen. Sie brauchen dazu konkrete Werte. Das bedeutet, dass ihre Berechnungen mehrheitlich auf Zahlen basieren und einer deduktiven Logik (bekannt als die Boolesche Theorie, d. h. entweder 1 oder 0, ohne Zwischenwerte zu tolerieren) folgen. Dadurch werden vage und unscharfe Informationen ausgeschlossen, welche jedoch für die Aufgabenlösung relevant sein könnten. Im Beispiel der Berufserfahrung versteht das System somit nicht, wie stark die Erfahrung des Mitarbeiters ausgeprägt ist. Der Begriff „erfahren“ enthält für die Beurteilung eines Mitarbeiters viele sehr bedeutende Zwischenwerte.

In der natürlichen Sprache ist noch eine weitere Komponente enthalten: Emotionen. Die emotionale Komponente ist jedoch noch schwieriger zu identifizieren, kann aber in gewissen Bereichen von grossem Interesse sein. Im Beschwerdemanagement eines Unternehmens ist es etwa von höchster Wichtigkeit, zu erkennen und zu unterscheiden, ob ein Kunde beispielsweise wütend, enttäuscht oder verwirrt ist, um darauf angemessen reagieren zu können und so sicherzustellen, dass sich der Kunde ernst genommen fühlt. Um die Prozesse des Beschwerdemanagements zu automatisieren, wären folglich Systeme vonnöten, welche Emotionen erkennen, verstehen und auf sie reagieren können. Es stellt aber auch heute noch eine grosse Herausforderung dar, solche Systeme, welche die Nuancen der menschlichen Wahrnehmung und Kommunikation verstehen und auf sie adäquat reagieren können, zu entwickeln.

Um diese Herausforderungen anzugehen, kann Cognitive Computing eine mögliche Lösung bieten. Aber was kann unter dem Begriff Cognitive Computing nun verstanden werden?

Cognitive Computing – eine mögliche Definition des Begriffs

Cognitive Computing ist ein Begriff, der für die proprietäre Watson-Technologie steht. Jedoch verbirgt sich hinter diesem Begriff noch viel mehr als das. Nach unserem Verständnis ist Cognitive Computing ein Auffangbegriff, der verschiedene Forschungsfelder, Konzepte und Modelle umfasst und gleichzeitig einen Teilbereich der künstlichen Intelligenz bildet. Bestehend aus verschiedenen Disziplinen (z. B. Informationswissenschaft, Psychologie, Linguistik), beschäftigen sich die Forscher eingehend mit der Kognition und der Sprachbeherrschung des Menschen und versuchen hierbei, interdisziplinär die Systeme und Prozesse der Informationsverarbeitung (der Menschen als auch anderer Organismen) zu erforschen, um anschliessend die Fähigkeiten der Informationsverarbeitung auf die Systeme zu übertragen.

Cognitive Computing kann als Erweiterung des Semantic Computings (z. B. des semantischen Webs) angesehen werden. Semantic Computing vereinfacht und automatisiert Prozesse, indem Bedeutungen von Worten und Konzepten definiert und modelliert werden. Cognitive Computing hingegen bezieht sich auf die Fähigkeit von Systemen, aufgrund von menschenähnlichen Denkprozessen zu handeln, also menschenähnlicher zu agieren. Die automatische Spracherkennung beispielsweise ist ein Anwendungsfall des Cognitive Computings, bei welchem die gesprochene natürliche Sprache der automatischen Datenerfassung durch „intelligente“ Systeme zugänglich gemacht wird. Ein weiteres Beispiel ist die automatische Textanalyse und insbesondere die Stimmungserkennung, bei welcher Texte in natürlicher Sprache von „intelligenten“ Systemen automatisch ausgewertet und darauf analysiert werden, ob die darin geäusserte Haltung als positiv oder negativ zu beurteilen ist.

Damit die natürliche Sprache überhaupt verarbeitet werden kann, sind Methoden notwendig, die mit linguistischen Variablen umgehen können. Diese Methoden werden unter dem Begriff Soft Computing zusammengefasst. In kurzen Worten handelt es sich um Techniken, die nicht nur einer deduktiven Logik folgen, sondern einer sogenannten unscharfen Logik (bekannt als Fuzzy-Logik), die Zwischenwerte toleriert. Dies erlaubt es, ungenaue Werte ebenfalls in die Aufgabenlösung miteinzubeziehen, was wiederum ermöglicht, realitätsnähere Entscheidungen zu treffen. Des Weiteren stützt sich Cognitive Computing auf Lern- und Kognitionstheorien (bspw. Konnektivismus oder Lernen am Modell). Durch die Erweiterung eines Computersystems mit Kognition soll ein Lerneffekt erzielt werden. Ein kognitives Computersystem durchläuft eine „Kindheit“, in welcher es die vom User erhaltenen Informationen verarbeitet und analysiert und dabei ständig lernt. Durch die Interaktion mit dem User und durch sein Verhalten kann sich das System somit stetig verbessern und die Ansprüche des Users immer präziser erfüllen.

Wie kann nun Cognitive Computing dabei helfen, die Prozessautomatisierung zu optimieren?

Selbstoptimierende Prozesse dank Cognitive Computing

Durch die Anwendung von Cognitive Computing in der Prozessautomatisierung kann die Herausforderung der natürlichen Sprache angegangen werden. Traditionelle Computersysteme verstehen Informationen (aufgrund des Semantic Computings), aber sie sind noch nicht in der Lage, mit der Vagheit, Ungewissheit und Ungenauigkeit der menschlichen Wahrnehmung und Kommunikation zu rechnen, also kognitive Verbindungen zwischen den Informationen herzustellen. Der neue Bereich der „intelligenten“ Automatisierung soll diesen wichtigen Aspekt der menschlichen Datenverarbeitung und Intelligenz für die Entwicklung effizienter Computersysteme übernehmen, mit dem Ziel, die menschliche Intelligenz nachzuahmen. Darüber hinaus sollen Mechanismen entwickelt werden, welche sowohl Menschen als auch Computersystemen helfen, miteinander zu interagieren, Informationen gemeinsam zu erwerben und dadurch voneinander zu lernen (ganz nach dem Prinzip des Konnektivismus).

Wenn Menschen mit intelligenten Computersystemen und diese Systeme auch untereinander kommunizieren und Wissen austauschen, so entsteht ein Lern-Loop, durch welchen das bestehende Wissen kontinuierlich erweitert wird. Genau dieses Prinzip soll bei der Verbesserung der Prozessautomatisierung zur Anwendung kommen. Indem Systeme Prozesse durchführen und mit Menschen und anderen Systemen interagieren, gewinnen sie mit der Zeit Wissen hinzu. Dadurch lernen Systeme zu „realisieren“, wenn etwas nicht funktioniert, und können Probleme nach und nach von selbst beheben. Da diese Prozesse selbstoptimierend sind und sich somit stetig verbessern, wird eine noch viel höhere Verflechtung der Prozesse erreicht und somit die Effizienz und Qualität um ein Vielfaches erhöht.

In unserer Informationsgesellschaft mit sich dauernd ändernden Umweltbedingungen wird die Fähigkeit immer wichtiger, bedeutsame von weniger relevanten Informationen unterscheiden zu können. Für den Menschen ist es auf lange Sicht nahezu unmöglich, diesen Prozess ohne technische Unterstützung zu durchlaufen. Es ist daher empfehlenswert, die Unternehmensprozesse, beispielsweise mithilfe von Cognitive Computing, zu verbessern und vollständig oder zumindest zum grössten Teil zu automatisieren, um somit schliesslich von der Selbstoptimierung der „intelligenten“ Systeme profitieren zu können.

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