So digitalisieren Sie End-to-End-Prozesse trotz Informationssilos

FROX AG
13.08.2019

Der Begriff «historisch gewachsen» fällt häufig, wenn Unternehmen ihre IT-Landschaft beschreiben. Über die Jahre entstand oft ein technologischer Flickenteppich, der sich noch durch zusätzliche XaaS-Lösungen und Cloud Native Applications (CNA) ausweitet. Als Folge entstehen Informationssilos, die eine grosse Hürde bei der durchgehenden Digitalisierung von Unternehmensprozessen bilden. Dieser Beitrag zeigt Problematiken und Lösungsansätze auf.

Was sind Informationssilos und wie entstehen sie?

Informationssilos sind eigenständige, isolierte IT-Umgebungen innerhalb der Unternehmens-IT, die nicht oder unvollständig mit dem Rest des Unternehmens verbunden sind. Die Nutzung von Daten und Funktionen ist häufig an der Organisationsstruktur orientiert, also beispielsweise auf bestimmte Unternehmensbereiche oder Abteilungen eingeschränkt. Ein Erkennungszeichen ist das Nebeneinander von Teilen von ERP-, HR- oder CRM-Suites spezialisierten Applikationen (z. B. eine Spesen-Applikation) und Anwendungen «Marke Eigenbau», aber auch Services in der Cloud (SaaS).

Informationssilos entstehen, wenn sich die Beschaffung oder Erstellung der Systeme auf den Bedarf einzelner Abteilungen fokussiert, und übergreifende Aspekte (Durchgängigkeit, Interoperabilität, Kompatibilität mit der firmenweiten IT-Architektur) zu wenig Berücksichtigung finden. Auch divergente IT-Landschaften, die durch Unternehmenszusammenschlüsse entstanden sind, treten oft auf.

Zu den häufigsten Folgen von Informationssilos gehört, dass dieselben Daten in mehreren IT-Systemen redundant erfasst werden. Das führt zu einem höheren Aufwand für die Erfassung und Datenredundanz und nicht selten zu Dateninkonsistenzen zwischen den Systemen – sei es, weil die Datenpflegeprozesse nicht synchronisiert sind oder schlicht und einfach durch einen «Human Error» bei der Erfassung.

Informationssilos und Digitalisierung

Die Auswirkungen von Datensilos waren in der Vergangenheit schon problematisch, aber oft noch tolerierbar. Das ändert sich im Kontext von Digitalisierungsinitiativen, denn die Anforderungen an kürzere Prozessdurchlaufzeiten, Kostenreduktion sowie «Online-First-» und «Multi-Channel»-Konzepte machen es notwendig, Wertschöpfungsprozesse «End-to-End» abzubilden und weitgehend zu automatisieren. Hier wirken Informationssilos als natürliche Barriere:

  • Der Applikationsflickenteppich erfordert menschliche Schnittstellen, die den End-to-End-Prozess unterbrechen und verlangsamen.
  • Mitarbeiter müssen zur Fallbearbeitung oft mehrere Systeme konsultieren oder andere Mitarbeiter einbeziehen, weil sie selbst nicht auf bestimmte Informationen zugreifen oder Aktionen vornehmen können.
  • In einer von Flickenteppichen geprägten Applikationslandschaft ist es oft notwendig, die Aktivitäten auf verschiedene Mitarbeiter zu verteilen, die jeweils Zugriff und Erfahrung mit «ihrem» System haben. Dieses Verteilen und Weiterreichen von Aktivitäten verlängert die Durchlaufzeit z. T. erheblich.
  • Es besteht keine Transparenz über den Status eines Vorgangs in der Prozesskette, Prozessoptimierung und -automation sind nur eingeschränkt oder gar nicht möglich.

Informationssilos aufbrechen

Wie lassen sich solche Datensilos also aufbrechen? Reinen Tisch zu machen und eine neue IT-Landschaft mit grossen Applikations-Suites via SAP ERP, Microsoft Dynamics o. ä. auszurollen, dauert lange, ist sehr teuer und somit meist keine Lösung. Ausserdem garantiert auch der Einsatz von grossen Applikations-Suites nicht unbedingt, dass eine über alle Komponenten durchgängige, prozessorientierte Bearbeitung möglich ist.

Einen pragmatischeren und flexibleren Ansatz stellen prozessorientierte, orchestrierende Applikationen dar, die den End-to-End-Prozessfluss abbilden und über Schnittstellen mit den bestehenden Backend-Applikationen interagieren. Solche «zusammengesetzten» Anwendungen haben Zugriff auf Daten und Funktionen der Backend-Applikationen und können diese prozessorientiert in einem Frontend den Akteuren bereitstellen.

Was macht eine prozessorientierte, orchestrierende Applikation aus?

  • Der Prozess wird durch eine Digital-Business-Plattform in einem Prozess-Modell (BPMN) abgebildet.
  • Daten werden über Schnittstellen von Backend-Systemen geholt und in diese zurückgeschrieben (die Datenhoheit bleibt bei den Backend-Systemen).
  • Der Benutzer arbeitet mit einer modernen und webbasierten Benutzeroberfläche, die für den jeweiligen Prozessschritt und Anwendungsfall angepasst ist.
  • Prozessvereinfachungen und -automation werden durch das Prozessmodell, Funktionen der Digital-Business-Plattform, wie z. B. Business Rules, Low-Code-Entwicklung oder durch klassische Anwendungsprogrammierung realisiert.

Dieser Ansatz bietet eine Reihe von Vorteilen:

  • Es kann für den End-to-End-Prozess eine massgeschneiderte Applikation erstellt werden, die weitgehend automatisierbar ist und durchgängig Transparenz über den jeweiligen Vorgang gibt.
  • Relevante Daten und Funktionen von mehreren Backend-Systemen können in die Benutzeroberfläche des Bearbeiters aggregiert werden. So können vorher auf mehrere Mitarbeiter in verschiedenen Abteilungen verteilte Aufgaben von einem Mitarbeiter in einem einzigen Schritt erledigt werden.
  • Dieser Ansatz kann in unterschiedlichen Applikationslandschaften ohne den radikalen Umbau der IT-Landschaft umgesetzt werden.
  • Es besteht mehr Freiheit bei der Wahl der IT-Systeme und deren Lifecycle, weil es möglich ist, veraltete Applikationen durch neue Lösungen zu ersetzen, ohne dass der End-to-End-Prozess beeinträchtigt wird.

Alter Wein in neuen Schläuchen?

Das Konzept einer durch Schnittstellen verbundenen, modularen Unternehmensarchitektur ist nicht neu, im Grunde ist das ein Szenario, das als Ziel hinter dem SOA-Konzept (Service Oriented Architecture) stand. Frühe Projekte zur Umsetzung einer SOA-Architektur stiessen allerdings oft auf Probleme durch die aufwendige Erstellung der Schnittstellen, denn viele Applikationssysteme boten oft nur wenige oder nur umständlich nutzbare Schnittstellen.

Dies hat sich in den letzten Jahren stark geändert, denn auch sogenannte Legacy-Applikationen bieten häufig gut dokumentierte, einfach nutzbare Schnittstellen an – meist auf Basis von REST-Webservices. Bei neueren Applikationen, insbesondere bei Cloud-Native-Applikationen und auch bei SaaS-Angeboten hat sich das Konzept von API First durchgesetzt. Das bedeutet, dass schon bei der Entwicklung der Applikation für jede Funktion und jeden Datenzugriff ein API erstellt wird. Dieses wird von der Applikation selbst genutzt, aber auch anderen Applikationen bereitgestellt. Zusammen mit der immer besseren Tool-Unterstützung für API-basierte Entwicklung können Schnittstellen heute deutlich schneller, stabiler und funktionaler implementiert werden.

Zusätzlich stehen inzwischen ausgereifte Entwicklungs- und Laufzeitplattformen (Digital-Business-Plattformen) bereit, die durch eingebettete BPM-Prozess-Engines, Business Rules und Low-Code-Fähigkeiten die Entwicklung von prozessorientierten Applikationen erleichtern. Die Kombination beider Trends wirkt als Katalysator für das Konzept von prozessorientierten, orchestrierenden Applikationen.

Fazit zur Digitalisierung von End-to-End-Prozessen trotz Informationssilos

Informationssilos sind in den meisten Unternehmen Realität und bremsen die Digitalisierung und Automation von End-to-End-Prozessen aus. Ein kompletter Umbau der Applikationslandschaft ist hinsichtlich Kosten und Umsetzungszeit meist keine Option. Prozessorientierte, orchestrierende Applikationen stellen eine elegante Lösung dar, um die Digitalisierung der wichtigsten Unternehmensprozesse anzugehen, ohne dass die komplette IT-Landschaft umgebaut werden muss.

Solche prozessorientierten Applikationen ermöglichen den Zugriff auf Daten aus verschiedenen Kern-Applikationen eines Unternehmens und stellen die für den jeweiligen Akteur und Prozessschritt notwendigen Informationen und Funktionen zur Verfügung, sei es in einem für Kunden oder Partner zugänglichen externen Portal oder einer internen Web-Applikation.

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