Blockchain und Business Process Management – Teil 2: Blockchain verändert das BPM

FROX AG
16.06.2020

Nach der theoretischen Einführung in die Blockchain schauen wir uns in diesem Artikel genauer an, wie die Blockchain-Technologie das Business Process Management in Unternehmen beeinflusst. Erfahren Sie hier, welche Chancen und neuen Geschäftsmodelle sich durch Blockchain ergeben!

Mit Business Process Management automatisieren Unternehmen ihre Geschäftsprozesse, um die Gesamteffizienz am Ende deutlich zu verbessern. Spätestens, wenn entlang von Prozessketten auch Akteure ausserhalb des eigenen Unternehmens beteiligt sind, wird es jedoch schwieriger. Der Datenaustausch zwischen mehreren Beteiligten stösst regelmässig auf mehr oder weniger grosse Hürden. Unterschiedliche Infrastrukturen, fragmentierte Informationssysteme oder Medienbrüche führen häufig zu veralteten und inkonsistenten Daten. Noch schwieriger wird es bei Geschäftspartnern, die sich nicht kennen und bei denen kein Vertrauensverhältnis besteht.

Hier kommt die Blockchain ins Spiel. Durch die in der Technologie eingebauten Mechanismen für Revisionssicherheit und Fälschungssicherheit können Geschäftspartner den hinterlegten Informationen und Regeln vertrauen: Manipulationsversuche wie nachträgliches Ändern von vertraglichen Daten wären sofort sichtbar. Das gleiche gilt für erbrachte Leistungen oder gelieferte Güter: wenn die Lieferkette in einer Blockchain-Infrastruktur abgelegt wird, sind die Lieferinformationen für alle Beteiligten transparent sichtbar. Keiner der Partner muss den Lieferdaten in den Systemen des anderen vertrauen, und es ist nicht notwendig, eine zentrale Drittpartei in den Prozess zu involvieren. Allein schon die Reduktion solcher Dispute dürfte einen erheblichen Einsparungseffekt darstellen.

Diese akademische Untersuchung über die Zusammenhänge von Blockchain und Business Process Management stellt die These auf, dass die DLT-Technologien die heute verbreiteten Geschäftsprozesse grundlegend ändern könnten. Dies wird sich insbesondere auf jene Prozesse auswirken, die die Interaktionen zwischen Organisationen betreffen, da gerade hier die Vorteile der Blockchain zum Zuge kommen.

Blockchain in der Praxis: Anwendungsszenarien

Der deutsche Digitalverband Bitkom liefert in einer Studie über die Anwendbarkeit der Blockchain konkrete Beispiele. So sind im Versicherungsbereich u. a. Reiseversicherungen auf Basis automatisierter Blockchain-Prozesse denkbar, «die automatisch Rückerstattungen auslösen, sobald ein definierter Grund wie bspw. ein Flugausfall vorliegt.» Die Blockchain ist demnach auch der Schlüssel für neue Geschäftsmodelle. Ein weiteres Beispiel: Bisher sind Investitionen in Immobilien mit hohen Einstiegssummen verbunden, was nicht für jeden möglich ist. Durch eine Tokenisierung von Investitionsgütern könnte jeder für EUR 10.– Anteile an Immobilien erwerben und so würden auch Kleinstinvestitionen möglich.

Die Analysten von Deloitte nennen in ihrem White Paper «Die Blockchain (R)evolution – Die Schweizer Perspektive» u. a. das Schadensmanagement von Schadens- und Unfallversicherungen als Anwendung für Blockchain. Durch automatisierte Blockchain-Prozesse könnten verbesserte Gutachten ausgestellt werden, basierend auf historischen Schadensansprüchen. Das Potenzial von betrügerischen Ansprüchen würde so reduziert. Als typische Anwendung geben sie in ihrem White Paper «Blockchain-Technologie Revisionssichere Archivierung» die Integritätssicherung von elektronischen Dokumenten mit Hilfe der Blockchain als weiteres Beispiel an: «Sie ist sicherer als lokale Methoden der Integritätssicherung, erspart Unternehmen den Aufwand, der durch das Signieren von Dokumenten entsteht, und kann flexibel in der bestehenden IT-Landschaft eingesetzt werden.»

 

Deloitte The Blockchain Revolution Branchen
Neben den Banken zeigen sich vor allem Versicherungen, die Logistik sowie das Gesundheitswesen offen für Blockchain-Anwendungen. Quelle: Deloitte, White Paper «Die Blockchain (R)evolution – Die Schweizer Perspektive», 2017.

 

Nur 2 % aller Unternehmen nutzen bisher eine Blockchain

Gemäss der von Bitkom durchgeführten Studie «Blockchain in Deutschland – Einsatz, Potenziale, Herausforderungen» setzen bisher lediglich zwei Prozent aller Unternehmen ab 50 Mitarbeitende die Blockchain-Technologie ein. «Die Herausforderungen, die den Einsatz der Blockchain hemmen, sind vielfältig: Mit jeweils 88 % sieht der Großteil aller Unternehmen ab 50 Mitarbeiter aktuell keinen Blockchain-Use-Case im eigenen Unternehmen oder beklagt fehlendes qualifiziertes Blockchain-Personal.»

Andere Studien bestätigen allerdings ein Umdenken. Laut einer Untersuchung von Deloitte bewerten Führungskräfte die Technologie heute fundierter und pragmatischer als je zuvor. «The question for executives is no longer, “Will blockchain work?”, but, “How can we make blockchain work for us?”» Dies unterstreicht auch eine Studie zu den Investitionsplanungen im Bereich Internet of Things: «In den zurückliegenden beiden Jahren lagen die Schwerpunkte der Ausgaben jeweils bei Cloud Services, Security- und Netzwerktechnologien. Jetzt liegt überraschend ein Trio «neuerer» Technologien mit jeweils 26 Prozent vorne: Blockchain, Künstliche Intelligenz (KI) und Robotics.»

 

Gartner Blockchain Hype Cycle 2019
Quelle: Gartner, Pressemitteilung «Gartner 2019 Hype Cycle for Blockchain Business Shows Blockchain Will Have a Transformational Impact across Industries in Five to 10 Years», Abbildung 1 «Gartner’s Hype Cycle for Blockchain Business, 2019», 2019.

 

Was bisher eher als exotische Technologie galt, wird absehbar reif für den praktischen Einsatz. So erwarten z. B. die Analysten von Gartner, dass Blockchain-Anwendungen ab 2021 deutlich zunehmen werden. Avivah Litan begründet dies damit, dass in diesem Bereich enorme Entwicklungsaktivitäten zu erkennen sind, die einige der Hürden addressieren, wie z. B. Skalierbarkeit, Interoperabilität zwischen unterschiedlichen Blockchains sowie «privacy» für vertrauliche Transaktionen, die heute noch einigen Anwendungsfällen im Weg stehen.

Beste Bedingungen für Blockchain in der Schweiz?

Die Schweiz – insbesondere der Kanton Zug, Stichwort «Cryptovalley» – ist in den letzten Jahren zu einem Zentrum der Blockchain-Technologie geworden.

Viele in der Szene bekannte Firmen sind hier angesiedelt oder haben hier gestartet, wie z. B. die öffentliche Blockchain Ethereum. Der Kanton und die Stadt Zug fördern offensiv Blockchain-basierte Anwendungen, z. B.:

  • Gebühren bei den Stadtzuger Behörden und im Handelsregisteramt können in Kryptowährungen bezahlt werden.
  • Eine digitale ID, die auf einer Blockchain implementiert ist, konnte via eVoting für die Abstimmungen 2018 genutzt werden.
  • In der Medizintechnik erproben einige Schweizer Spitäler Bestellungen von Medikamenten über eine Blockchain-basierte Logistik. Hier ist insbesondere die nahtlose Rückverfolgung einer Medikamentenlieferung das Ziel.
  • Das Konsortium komgo aus Genf stellt Lösungen für den Rohstoffhandel bereit, die auf einer Blockchain basieren.
  • Das Skigebiet Laax bietet Mikro-Aktien des Skigebiets zum Kauf via Blockchain an. Den Aktionären steht dann ein Discount bei Tickets zu.

Diese Entwicklungen zeigen deutlich: Die Blockchain ist in der Schweiz nicht mehr nur Zukunft. Sie ist längst im Alltag angekommen!

 

Tipp: Im ersten Teil dieser Blogreihe erklären wir Ihnen, was Blockchain ist und welche Arten von Blockchain es gibt. Lesen Sie jetzt unsere Einführung in die Blockchain-Technologie, um weitere Hintergrundinfos zu erhalten!

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